Schreibwut
Nein eigentlich doch nicht. Im Office lauern noch drei Geschichten, die geschrieben werden wollen und noch Ressort, Schlussredakteur und Cheffe passieren müssen. Warum dann doch? Hier liest keiner Korrektur, stößt sich am Slogan oder findet den Vorspann doof. Hier können dafür die Geschichten stehen, die in keiner anderen unterzubringen sind. Beispielsweise Dialoge mit einem Fünfjährigen, die morgens zwischen Kindergarten-Bringen und S-Bahn-Geschubse, zwischen Tür und Angel stattfinden.
Natürlich saugen die Kurzen jedes Wort und noch mehr jede Stimmung auf. Fragen dann unverblümt: Papa, warum dürfen die anderen Menschen nicht mehr bei Dir arbeiten (Thema war natürlich die große Umstrukturierung im Office)? – Weil die Firma nicht mehr genug Geld hat, um alle zu bezahlen – Ist die Firma jetzt arm? – Nein, aber wenn alle weitergearbeitet hätten, dann könnte sie arm werden (versuche niemals, den Kindern was im Konjunktiv zu erklären, aber versuch mal tatsächlich ohne einen in dieser Wirkwarenwelt auszukommen – geht nicht) – Sind jetzt die Menschen arm? – Nein, die Firma gibt ihnen noch Geld – Können die sich dann noch was zum Essen kaufen? – Ja – (noch befinden wir uns in einer sehr abstrakten Ebene) – Darf der Papa von Theo noch weiterarbeiten (siehste, er hatte tatsächlich konkretes im Kopf) – Ja, der ist immer noch mein Kollege – Dann haben die noch genug Geld – Ja – Und die kleine Frau beim Fahrstuhl, darf die weiterarbeiten – Nein, leider nicht mehr – Dann ist die jetzt arm – Nein, hoffentlich nicht…
Mal ehrlich, dafür lässt man doch jede S-Bahn sausen und nimmt den nächsten Zug
2bcontinued – Joerg